Gehört Ihr Unternehmen zu den Glücklichen, die ausreichend Personal haben? Gratulation, dann stehen Sie ziemlich allein auf weiter Flur. Denn für viele Unternehmen und Betriebe stellt der leergefegte Arbeitsmarkt eine existenzielle Herausforderung dar. Die Unternehmen reagieren inzwischen, zum Beispiel, indem sie Bewerbungsprozesse entweder extrem vereinfachen oder gezielt nach Fähigkeiten statt nach Abschlüssen suchen. Und dann gibt es noch den dritten Weg: den gezielten Aufbau bestimmter Kenntnisse und Fähigkeiten beim vorhandenen Personal.
Falls Sie meine Blogbeiträge schon länger lesen, erinnern Sie sich vielleicht an den Beitrag vom Januar 2022, bei dem es um Talentsuche im eigenen Unternehmen ging. In eine ähnliche Richtung bewegt sich das Reskilling und Upskilling. Durch gezielte Förderung wie Weiterbildungen und Schulungen werden Mitarbeitende auf den nächsten Karriereschritt vorbereitet oder sollen durch attraktive (Weiter-)Bildungsangebote im Unternehmen gehalten werden.
Beim Reskilling steht das Erlernen neuer Kompetenzen im Vordergrund, die Mitarbeitende für eine neue Aufgabe oder Position benötigen. Das Upskilling fokussiert im Gegensatz dazu mehr auf Fachwissen und zusätzliche Qualifikationen, um neue Anforderungen erfüllen zu können. Lebenslanges Lernen war ja schon immer ein Thema, doch durch die digitale Transformation, Automatisierung und KI verändern sich viele Tätigkeiten so schnell, dass ich jedem Unternehmen ans Herz legen möchte, das vorhandene Personal darauf vorzubereiten – und zwar nicht nur fachlich.
Die Halbwertszeit von Wissen beträgt bekanntlich nur wenige Jahre und nicht alle Mitarbeitenden sind sich der Tragweite dieser Entwicklung bewusst. Unternehmen haben daher aus meiner Sicht die Aufgabe, das Mindset zu verändern und die Aufgeschlossenheit fürs lebenslange Lernen zu verbessern. Dazu gehören unter anderem eine andere Fehlerkultur, Räume zum Experimentieren und „Herumspinnen“ und das Lernen lernen, denn der Vorgang des Aufnehmens und Verarbeitens von Information ist inzwischen wichtiger als die Information selbst. Was die Hirnforschung hierzu in den letzten Jahren herausgefunden hat, ist wirklich spannend…
Kaum ein Land ist im Recruiting so auf formale Abschlüsse und Zeugnisse fokussiert wie Deutschland. Das bekommen unter anderem Fachkräfte zu spüren, die aus anderen Ländern kommen und Probleme haben, vorhandene Abschlüsse anerkannt zu bekommen. Umso mehr begrüße ich daher das Skill-based Hiring, bei dem die Fähigkeiten und Kompetenzen im Vordergrund stehen. Die Herausforderungen für Unternehmen und Betriebe liegen auf der Hand: Bei Stellenausschreibungen muss man vorab definieren, was das Unternehmen für diese Position an tatsächlichen Fähigkeiten und Kompetenzen braucht. Und bei der Personalauswahl braucht es neue Tools, um feststellen zu können, ob die Bewerber*innen über diese Skills tatsächlich verfügen.
Ein sehr spannender neuer Trend für Jobs mit einfachem Aufgabenprofil kommt aus den USA: das Open Hiring. Wer sich zuerst meldet, bekommt den Job und wird ins kalte Wasser geworfen. Wer es schafft, kann bleiben, wer es nicht schafft, muss leider wieder gehen. Man kann diese Methode kritisch sehen, doch spannend finde ich, dass so Menschen, die üblicherweise immer durchs Raster fallen, eine Arbeitsstelle finden können. In Deutschland haben inzwischen sechs Prozent der Menschen keinen Schulabschluss, doch brauchen dringend eine Arbeitsstelle. Ich jedenfalls bin gespannt, ob und wie sich diese Form des Recruitings in unserem Arbeitsmarkt bewährt.
Sind Sie an einem Austausch interessiert? Dann sprechen Sie mich gerne an.